Umgang mit ChatGPT am Humboldt
Eine schülertext-gestützte, fast ki-freie Stellungnahme des Humboldt-Gymnasiums zum Einsatz von ChatGPT in der Schule
Im Handumdrehen den Aufsatz fertig? Die Facharbeit künftig nicht mehr selber schreiben? Das Englisch-Referat zehn Minuten vor Unterrichtsbeginn angefertigt?
Das klingt für Schüler/innen zurecht verlockend und stellt die Schullandschaft des globalen Westens vor eine weitere Herausforderung. Eine Herausforderung, die wir am Humboldt-Gymnasium nicht durch ein irriges Verbot ignorieren wollen, sondern mit der wir konstruktiv-kritisch arbeiten müssen.
Was es dabei zu bedenken gilt, haben Schüler/innen der 8c im Deutschunterricht erörtert. Sie haben in diesem Zuge sowohl Chancen als auch Schwierigkeit bei der Arbeit mit ChatGPT im Schulkontext erarbeitet. Der folgende Text ist ein Patchwork aus mehreren Schülertexten, die wiederum auf verschiedene Quellen referieren, u.a. ein Interview mit dem ChatBot selbst.
Die Sätze sind aus den Schülertexten kopiert.
Die Schüler/innen-Perspektiven hier für sich sprechen zu lassen, sollen gleichsam Wertschätzung für deren Arbeit als auch Dokument der reflektierten Weitsicht unserer Schülerschaft sein. Ohne in Naivität zu verfallen, schaue ich deshalb optimistisch in eine „künstlich-intelligente“ Schulzukunft.
Was eigentlich ist ChatGPT? Welche Stärken und Schwächen hat das Programm?
Es handelt sich hierbei um eine Software, die es ermöglicht, durch Eingabe kurzer Befehle in vielen Sprachen mithilfe einer künstlichen Intelligenz Texte in Echtzeit generieren zu lassen. Der ChatBot beruht auf maschinellem Lernen und wurde von dem us-amerikanischen Unternehmen OpenAI entwickelt. Veröffentlicht wurde das Programm im November 2022 und ist seitdem stetig gewachsen. Der Chatbot erreicht dabei Rekordzahlen: Über 100 Millionen Menschen greifen monatlich auf ihn zurück. Er ist damit der am schnellsten wachsende Internetdienst aller Zeiten, schneller noch als Instagram oder TikTok.
Wichtig zu wissen ist, dass die KI über keinerlei Emotionen verfügt und mitunter auch fehlerhafte bzw. irreführende Informationen ausgeben kann. Beispielsweise befragten wir den Bot nach flächenmäßig größeren Ländern als die USA. Die im Anschluss präsentierte Liste erwies sich größtenteils als falsch, wofür sich der Bot zwar höflichst entschuldigte, aber doch Schwächen hinsichtlich der Korrektheit der Informationen offenbarte.
Was die Aktualität der Datenbank anbelangt, muss man bedenken, dass diese auf dem Stand von Ende 2021 ist.
Bei einer Befragung des ChatBots antwortet er bzgl. Seiner Stärken, er habe eine große Datenbank, sei schnell, habe eine große Präzision und stehe jederzeit zur Verfügung.
Viele Lehrer sorgen sich nun, dass die Schüler keine eigenen Leistungen mehr erbringen und letztlich nichts mehr lernen würden.
Der erste Reflex sei oft, ChatGPT an Schulen und Universitäten zu verbieten. Acht Universitäten Australiens gehen sogar so weit, zu erwägen, die Papierform wieder einzuführen. Dagegen spricht jedoch, dass dies ein enormer Rückschlag wäre und es die Lernenden nicht davon abhalten würde, die Texte aus dem Programm abzuschreiben.
Es ist außerdem ein großes Problem, dass ChatGPT Quellen nicht offen darlegt. Dies löst zurecht große Bedenken wegen des Schutzes der Urheberrechte und möglichen Plagiaten aus. Und wenn der Chatbot auf eine Frage keine Antwort weiß, „werden teilweise Informationen erfunden, anders umgeschrieben oder auch Quellen hinzugefügt, die nicht zum Sachverhalt passen.“ Dies fand die Wissenschaftlerin Teresa Kubacka bei einer Befragung der KI heraus.
Professor Robert Lepsius schlägt hingegen vor, die KI sinnvoll in Lehrpläne zu integrieren und sieht in der Software bspw. das Potenzial, dass Schüler sie als Lernhilfe nutzen können.
Die schnellen Erfolge dank des Programms machen zudem Spaß und man hat mehr Zeit für andere Hausaufgaben oder Freizeit. Man sollte jedoch auch bedenken, dass man durch diese Erleichterung verlernt (oder gar nicht erst erlernt), selbst zu formulieren. Weder Kreativität noch Ausdrucksvermögen werden gefördert. Entscheidungen der eigenen Wortwahl sind nicht mehr nötig, weil die Sätze vorgegeben werden. Eine weitere Gefahr ist, dass die Selbstständigkeit und Lernleistung sinkt.
Wie lange ChatGPT noch kostenlos verfügbar sein wird, ist unklar. Ein Abomodell wird zuächst nur in den USA verfügbar sein, soll aber auch bald in weiteren Ländern eingeführt werden.
Wir würden nahelegen, dass Texte und Projekte künftig hauptsächlich in Präsenz geschrieben bzw. erledigt werden, damit die Gefahr des Abschreibens nicht besteht. Dennoch empfehlen wir, die KI sinnvoll und vernünftig in den Unterricht einzubeziehen. Würde man es stattdessen verbieten, würde ChatGPT immer als Schummelhilfe genutzt werden, aber so kann man es zu einer realen Chance machen. Die Schüler/innen müssen Erfahrungen mit dem Programm machen dürfen und so über seine Stärken und Schwächen lernen.
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Die Textblöcke stammen von Theresa, Alina, Laura, Luis, Tawa, Jacob und David aus der 8c und wurden unter der Redaktion von Tobias Beyer unter Hinzufügung der einleitenden Worte zusammengestellt.
Die Schulleitung des Humboldt-Gymnasiums unterstützt den konstruktiv-kritischen Umgang mit ChatGPT.