Kursfahrt Politische Bildung Kreisau
Im November 2016 fuhren wir, der Leistungskurs Politische Bildung (Jahrgangsstufe 11) nach Kreisau (polnisch Krzyzowa), einem 200 Einwohner Dorf in Polen, rund 60 Kilometer südwestlich von Breslau. Während der Zeit des Nationalsozialismus war dieser Ort der Sitz der Widerstandsgruppe Kreisauer Kreis gegen das Hitler-Regime. Heute besteht Kreisau neben einer Dorfstraße aus einer Begegnungsstätte, in der viele Jugendprojekte stattfinden. Die Internationale Jugendbegegnungsstätte „Stiftung Kreisau für Europäische Verständigung“ (IJBS Kreisau) verfügt sowohl über Unterkünfte für Jugendgruppen und Privatpersonen, als auch ein Restaurant, eine Sporthalle, Konferenzräume und einen Partykeller. Dieser befindet sich unter dem Schloss Kreisau, in dem eine Ausstellung zur Geschichte des Widerstandes im 20. Jahrhundert zu finden ist. Unsere Unterkunft war sehr gemütlich und großräumig eingerichtet und auch das Essen ließ wenig zu wünschen übrig.
Der Grund für unsere Anreise war die Teilnahme an einem Simulationsspiel zum Thema Europäische Flüchtlingspolitik. Mit Schülern aus den Nationen Frankreich, Estland und Polen verbrachten wir vier Tage in Kreisau. Die ersten zwei Tage waren für das Kennenlernen unter den Jugendlichen vorgesehen. Die Gemeinschaftswaschräume und der gemeinsame Flur mit Sitzecke, ließ uns von Anfang an schnell mit den Schülern der anderen Nationen in Kontakt treten. Nach dem täglichen Warmup am Morgen stellten wir einander unsere Länder, Freunde, Familien, Kulturen und Interessen vor, sprachen über Identität und präsentierten einander nationales Essen, Musik, traditionelle Tänze und Bilder unserer Herkunftsstädte und -länder. Auch durch die gemeinsam verbrachte Freizeit am Abend, in der wir zusammen Sport machten oder uns unterhielten, kannten wir uns am Ende der zwei Kennlerntage tatsächlich schon relativ gut.
Am dritten Tag begann dann das eigentliche Simulationsspiel. Nachdem uns vorerst das wichtigste Grundlagenwissen zur aktuellen Politik in der Flüchtlingskrise vermittelt wurde, bekamen nun alle bestimmte Rollen in der europäischen Flüchtlingspolitik zugeschrieben, welche nah an der Realität angelehnt waren. So gab es unter anderem Staatsoberhaupte der nördlichen EU-Staaten, der Transitstaaten, der nordafrikanischen Staaten, Vertreter von NGO´s und von der Presse. Alle Positionen bekamen Argumente zugeteilt und versuchten diese in Diskussionsrunden zunächst zu Gesetzesvorschlägen zusammenzufassen und dann andere zu überzeugen, diese zu unterzeichnen. Wenn ein Gesetzesvorschlag dann genügend Zustimmung hatte, wurde in einer offenen Abstimmung über seine Durchsetzung entschieden. Währenddessen führte die Presse mit gezielten Fragen richtungsgebende Interviews, welche sie dann am Nachmittag in einer Nachrichtenshow präsentierte.
Im zweiten Teil des Simulationsspiels versetzten wir uns auf eine italienische Insel, die von den direkten Auswirkungen der Flüchtlingskrise betroffen war. Wir wurden erneut in verschiedene Parteien und Organisationen mit breitem politischen Spektrum von ganz links über liberal nach ganz rechts aufgeteilt. Diesmal versuchten wir unsere Argumente nicht nur durch verbalen Schlagabtausch zu vertreten, sondern durch aktive politische Aktionen, wie zum Beispiel Demonstrationen, das Aufhängen von Wahlplakaten oder versuchter Manipulation der Presse.
Für alle überraschend war die Erkenntnis, dass die Durchsetzung der eigenen Position in politischen Entscheidungsprozessen deutlich schwieriger ist als erwartet, da jede Partei auf ihren Interessen beruht und meist wenig Kompromissbereitschaft zeigt.
Die letzten eineinhalb Tage verbrachte die ganze Gruppe in Berlin. Dort teilten wir, die Ortskundigen, uns in Gruppen auf, welche die Schüler der anderen Nationen durch Berlin führten und unsere Kultur und Herkunft näherbrachten. Die Riesenmetropole beeindruckte vor allem die Esten, da Berlin die dreifache Einwohnerzahl ihres gesamten Landes hat.
Der Abschied fiel nach dieser Woche bei vielen sehr schwer und wir versprachen uns untereinander in den verschiedenen Ländern zu besuchen. Insgesamt haben wir alle in dieser Woche viel gelernt und mitgenommen. Wir möchten vor allem unserer Lehrerin Frau Seitz dafür danken, dass wir an diesem Projekt teilnehmen und durch ihr Engagement diese Erfahrung machen durften.